Warum können Schallpegelmessungen nur bei schönem Wetter stattfinden?

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So viel vorab: Es hat nichts damit zu tun, dass das Messpersonal nicht im Regen stehen möchte.

Vielmehr gibt es „natürlich“ auch hier Regeln und Normen, die dafür sorgen, dass Schallpegelmessungen und -berechnungen unter vergleichbaren Bedingungen durchgeführt werden. Im Rahmen von Schallpegelmessungen regelt die DIN 45645-1 Ermittlung von Beurteilungspegel aus Messungen – Teil 1: Geräuschimmissionen in der Nachbarschaft im Abschnitt 6.4, bei welcher Wetterlage eine Schallpegelmessung durchgeführt werden darf.

Demnach ist „Der Beurteilungspegel je nach Aufgabenstellung entweder für schallausbreitungsgünstige Wetterlagen (z.B. Mitwind oder Temperaturinversion) oder als Mittelwert über längere Zeiten zu bestimmen. Mitwind liegt vor, wenn der Wind von der Quelle in Richtung Messort in einem Sektor bis zu ≤ 60° weht und wenn die Windgeschwindigkeit im Bereich weitgehend ungestörter Windströmung (z.B. auf freiem Feld) in 10 m Höhe bei mehr als 0,5 m/s liegt. Bei Windgeschwindigkeiten unter 1 m/s in 10 m Höhe kann nachts, insbesondere nach Sonnenuntergang und vor Sonnenaufgang, von ausbreitungsgünstigen meteorologischen Bedingungen ausgegangen werden. […] Bei ungeeigneten Wetterbedingungen, wie stärkerem Regen, Schneefall, größeren Windgeschwindigkeiten, gefrorenem oder schneebedecktem Boden, sollten keine Schallpegelmessungen erfolgen.“ 

Wind, Temperatur, Temperaturverteilung, Bodenoberfläche und Topografie haben also einen großen Einfluss auf die bodennahe Schallausbreitung.

Einfluss des Windes

Der Schallstrahl „schwimmt“ auf der Luft mit. Wenn eine Mitwindsituation vorliegt, erfolgt eine Brechung der Schallstrahlen zum Boden hin. bei Gegenwind dagegen erfolgt die Brechung vom Boden weg. Dies führt entgegen der Windrichtung zu ausgeprägten Schattenzonen mit einer Pegelminderung von 10 dB(A) und mehr.

Schematische Darstellung der Ausbreitung der von einer Punktschallquelle ausgehenden Schallabstrahlung unter Einfluss des Windes

 

Einfluss der Temperatur

Die Schallgeschwindigkeit ändert sich an den Trennlinien von Schichten unterschiedlicher Temperatur, wobei die Brechung immer in die kältere Schicht erfolgt. Bei einer Normalwetterlage erfolgt die Brechung nach oben, bei einer Inversionswetterlagen dementsprechend nach unten.

 

Schematische Darstellung der von einer Punktschallquelle ausgehenden Schallabstrahlung unter Einfluss der Lufttemperatur

 

 

Einfluss der Turbulenzen

Über den Einfluss von Turbulenzen auf die Schallausbreitung sind keine allgemeinen Aussagen möglich.

Einfluss der Luftfeuchtigkeit

Der Luftabsorptionsgrad ist abhängig von der Lufttemperatur und der Luftfeuchtigkeit. Somit werden höhere Frequenzen wesentlich stärker absorbiert als tiefe Frequenzen.

Einfluss des Bodens

Die akustischen Eigenschaften jedes Bodenbereichs werden durch einen Bodenfaktor G berücksichtigt. Dabei werden drei Kategorien von reflektierenden Flächen festgelegt:
1. Harter Boden z.B. Straßenpflaster, Wasser, Eis, Beton, … mit G = 0
2. Poröser Boden z.B. Gras, Bäume, jede andere Bodenoberfläche, die für Pflanzenwachstum geeignet ist, … mit G = 1
3. Mischboden sowohl harter wie auch poröser Boden mit G zwischen 0 und 1, abhängig vom Anteil des porösen Bodens

 

Schallpegelberechnungen werden bei standardisierten Bedingungen durchgeführt. Bei einer Ausbreitungsberechnung nach der DIN ISO 9613, die im Falle einer Betrachtung von Gewerbelärm anzuwenden ist, werden folgende meteorologische Faktoren berücksichtigt:

  • eine Windgeschwindigkeit zwischen etwa 1 m/s und 5 m/s,
  • eine Mitwindsituation für alle Immissionsorte,
  • das Vorliegen einer Temperaturinversion und
  • Pegeländerungen aufgrund der Luftabsorption, die abhängig ist von der Schallfrequenz, der Umgebungstemperatur und der relativen Luftfeuchte.

Bei einer Berechnung der Immissionen durch den Straßenverkehr erfolgt dagegen keine detaillierte Berücksichtigung der Umgebungsbedingungen.

 

Bei der Durchführung von Schallpegelmessungen ist also ein besonderes Augenmerk auf die Witterungsbedingungen zu legen. Nur so kann gewährleistet werden, dass auch bei ungünstigen Ausbreitungsbedingungen die zulässigen Immissionsrichtwerte am Immissionsort nicht überschritten werden.