Photovoltaik an Schallschutzwänden

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Für meine Kollegin Lena Kehl vom Ingenieurbüro Kehl habe ich eine Gastbeitrag über Photovoltaik an Schallschutzwänden geschrieben. Vielen Dank liebe Lena für die Möglichkeit dazu.

 

„Die Frage lautet: mehr Lebensqualität durch mehr oder durch weniger Autos?“ (Daniel Goeudevert)

Auf der einen Seite steigt unsere Lebensqualität, da wir flexibel von einem Ort an den anderen reisen können, wann immer uns danach ist. Viele Dinge sind jederzeit verfügbar. Auf der anderen Seite aber führt genau diese Flexibilität und ständige Verfügbarkeit dazu, dass das Verkehrsaufkommen immer weiter ansteigt. Zudem kommt hinzu, dass Flächen für den Wohnungsbau immer knapper werden und so gezwungenermaßen Wohnnutzung und Straßenverkehr immer dichter zusammenrücken.

Ökologische Schallschutzwand kombiniert mit Photovoltaik

Quelle: https://www.pressebox.de/pressemitteilung/green-city-energy-ag/Oekologischer-Laermschutz-erstmals-mit-Photovoltaik-kombiniert/boxid/344280

Um dennoch gesunde Lebensverhältnisse gewährleisten zu können, ist oftmals die Errichtung von aktiven Schallschutzmaßnahmen, wie u.a. Schallschutzwände und -wälle, erforderlich. Diese sorgen zwar dafür, dass es an der Wohnbebauung leiser wird, führen aber zu einer Beeinträchtigung des Landschaftsbildes. Häufig sind Schallschutzwandhöhen von 5 m und mehr erforderlich, um die geltenden Orientierungswerte oder Immissionsgrenzwerte an den Gebäuden einzuhalten. Im Jahr 2016 wurden nach Angabe des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur 29,38 km Schallschutzwände mit einer Fläche von 151.872 m2 errichtet. Insgesamt ergibt sich zum Ende des Jahres 2016 ein Gesamt-Bestand von 2.402,39 km bzw. 9,11 Mio. m2 Schallschutzwänden.

Bisher werden diese Schallschutzwände kaum für Photovoltaik genutzt, obwohl eine Integration möglich ist und die Preise für die Photovoltaikkomponenten massiv gesunken sind. Durch die Solarstromerzeugung kann in der Bevölkerung eine höhere Akzeptanz der Schallschutzwände erreicht werden. Es erfolgt eine optische Aufwertung der Wand, die dann auch noch zur sauberen Energieerzeugung genutzt werden kann. Wie es funktionieren kann, zeigt ein Bespiel aus der oberbayrischen Gemeinde Neuötting:

Im Rahmen der Ausweisung eines Wohngebietes sowie des Baus einer Montessori-Schule bestand die Notwendigkeit der Errichtung eines 5 m hohen Schallschutzes. Auf Grund des geringen zur Verfügung stehenden Platzes war schnell klar, dass der erforderliche Schallschutz nur über eine Wand möglich ist. Und möglichst günstig sollte das Ganze auch noch sein. Die günstigste Lösung wäre seinerzeit eine blickdichte Wand aus Beton gewesen, die aber bei den Anwohnern nicht auf Gegenliebe stieß. Also setzte sich die Stadt frühzeitig mit Ingenieurbüros und Lärmschutzherstellern zusammen, um eine gute Lösung für den geforderten Schutz in Kombination mit guter Optik und Attraktivität zu finden.

So wurde 2016 entlang der Staatsstraße 2550 eine Schallschutzwand mit integrierter Photovoltaik (65 Kilowatt-peak Anlage) der Firma R. Kohlhauer GmbH realisiert. Die Schallschutzwand hat eine Länge von 234 m und besteht aus einem Bohrpfahlfundament mit Tragpfosten für die Schallschutzsegmente im Abstand von 4 m. Die Pfosten sind mit einer Neigung von ca. 5° in die Fundamente eingelassen, um die Ausrichtung der Solarstrommodule zur Sonne zu verbessern. So wird von einem kalkulierten Jahresertrag von 800 – 850 kWh ausgegangen. Die Felder zwischen den Pfosten sind 5 m hoch und jeweils in drei Zonen aufgeteilt:

  • Geländeoberkante bis 1 m Höhe: akustisch wirksames Gitterdämmsystem
  • 1,28 m bis 2,78 m über Geländeoberkante: Acrylglas in Aluminiumrahmen
  • 2 Photovoltaikelemente mit je 2 Modulen auf der Südseite und einem akustisch wirksamen Gitterdämmsystem auf der Nordseite.
  • Abschluss durch einen Kabelkanal, in dem alle Leitungen des Photovoltaikgenerators verlaufen

 

Schallschutzwand mit Photovoltaik

(Quelle: Firma Kohlhauer GmbH, Flyer Projekt Neuötting; abrufbar unter https://www.kohlhauer.com/produkte/laermschutzwand-kohlhauer-volta)

Das Konzept ist flexibel, so dass dort, wo der Einsatz von Photovoltaik unrentabel ist, das Gittersystem eingesetzt werden kann. Außerdem ist jederzeit ein Austausch einzelner Elemente möglich, sollte ein Schaden durch einen Unfall oder Vandalismus entstehen. Zu beachten ist bei einer Errichtung der Wand, dass die Photovoltaik immer über Kopfhöhe angebracht sein sollte, um das Risiko von Verschmutzung, Vandalismus und Graffiti-Angriffen möglichst gering zu halten. Des Weiteren ist zu beachten, ob auf Grund gegenüberliegender Bebauung spezielle Anforderungen an die Absorptionsfähigkeiten der Schallschutzwand zu stellen sind.

Da die Wand für die Gemeinde alleine zu teuer geworden wäre und außerdem das Fachwissen für Betrieb und Wartung der Anlage fehlt, wurde der Photovoltaikabschnitt an die Energiegenossenschaft Inn-Salzbach e.G. als Betreiber vergeben. Planung und Installation sowie auch Wartung und Überwachung der Anlage wurde von der Firma MaxSolar GmbH übernommen. Auch wenn es Jahre und viele Verhandlungen gedauert hat, ist man mit der Umsetzung des Projektes sehr zufrieden. Und auch in der Bevölkerung kommt die Schallschutzwand gut an.

Nach dem Beispiel Neuötting drängt sich natürlich die Frage auf, warum nicht viel mehr Schallschutzwände mit Photovoltaikanlagen aufgerüstet werden. Das Problem liegt häufig darin, dass die Behörden gezwungen sind, dem günstigsten Anbieter den Zuschlag zu geben. Auch wenn die Photovoltaikkomponenten immer günstiger werden, sind „herkömmliche“ Schallschutzwände immer noch günstiger. Zudem besteht eine große Angst vor zusätzliche Kosten, einem höheren Aufwand bei Bau und Wartung mit der Elektrik und vor der Abstimmung der Zuständigkeiten zwischen den einzelnen Gewerken.